Ein Foto von einem eleganten, spitzenbesetzten Kleid löste vor einigen Jahren im Internet eine hitzige Debatte aus. Die User in den sozialen Netzwerken konnten sich einfach nicht einigen: War das Kleid blau-schwarz oder weiß-gold? Forscher der Universitäten Gießen und Bradford haben sich nun mit dieser Frage beschäftigt und versucht, das Phänomen zu erklären.
Das Rätsel um die Farbe des Kleides
Die Forscher fanden heraus, dass alle Probanden im Grunde ähnliche Farbtöne wahrgenommen haben. Der Unterschied lag jedoch in der Helligkeit: Einige sahen das Kleid in einem sehr hellen Hellblau, andere wiederum in einem kräftigen Mittelblau. Die Farben Gold, Gelb und Braun kamen ebenfalls zur Sprache. Interessanterweise befinden sich all diese Farben auf der Tageslichtachse des Farbkreises. Abhängig von der Sonneneinstrahlung neigt das Tageslicht entweder zum Blauen (mittags) oder zum Gelben (morgens und abends).
Normalerweise kann das menschliche Auge problemlos zwischen blauem und gelbem Licht unterscheiden, ohne dass uns das bewusst wird. Dadurch nehmen wir alle die gleichen Farben wahr. Doch dafür benötigen unsere Augen gewisse Anhaltspunkte außerhalb der Tageslichtachse, wie zum Beispiel grüne oder rote Farbakzente. Diese Farben bilden einen Kontrast zu den gelblichen und bläulichen Tönen und geben uns somit Aufschluss über die Lichtverhältnisse. Auf dem Foto des Kleides fehlen jedoch jegliche grünen oder roten Akzente.
Die unbewusste Entscheidung für eine Farbe
In einem solchen Fall entscheidet unser Unterbewusstsein, welche Farbe wir wahrnehmen. Diejenigen, die das Kleid als weiß-gold sahen, haben es mit einem kühlen, bläulichen Licht in Verbindung gebracht. Andererseits könnte es genauso gut ein blaues Kleid sein, das überbelichtetes, warmes Licht erhält. Welche Farbe unser Auge schlussendlich wahrnimmt, liegt nicht in unserer Hand. Jedoch stellte sich heraus, dass die Probanden keinerlei Unterschiede in der Wahrnehmung feststellten, als das Forschungsteam das Kleid-Foto digital mit einer rot-grünen Einfärbung bearbeitete.
Die Identifizierung der Farbe entlang der Tageslichtachse stellt unser Auge tatsächlich vor Herausforderungen. In mehreren Studien wurde dieses Phänomen bereits untersucht. Dabei sollten die Teilnehmer versuchen, auf einem Bildschirm ein komplett neutrales Grau einzustellen. Dies gelang äußerst selten. Viel häufiger neigte das Grau entweder zum Blauen oder zum Gelben. Abweichungen in die grüne oder rote Richtung waren dagegen so gut wie nicht vorhanden.
Das Kleid war tatsächlich blau-schwarz. Doch im Vergleich zu der Aufregung, die es verursachte, rückt die Auflösung schnell in den Hintergrund.
Quelle: Titi And The German Kid
(Dieser Artikel wurde am Freitag, 15. Mai 2015, erstmalig veröffentlicht.)